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(2022) Ist auch die Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes begünstigt?

Dieser Text bezieht sich auf die Steuererklärung 2022. Die Version die für die Steuererklärung 2020 finden Sie unter:
(2023): Ist auch die Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes begünstigt?

Eltern erhalten für volljährige Kinder bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge, wenn sie in Berufsausbildung sind oder einen sozialen Dienst leisten. Ebenfalls berücksichtigt werden Übergangszeiten von bis zu vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten sowie zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung eines Freiwilligendienstes und umgekehrt.

Bezüglich des freiwilligen Wehrdienstes gilt Folgendes:

  • Als Berufsausbildung zu werten ist die dreimonatige Grundausbildung und die anschließende Dienstpostenausbildung während des freiwilligen Wehrdienstes gemäß § 58b Soldatengesetz. Grundsätzlich können mindestens die ersten vier Monate der Wehrdienstzeit ohne näheren Nachweis berücksichtigt werden; lediglich der Dienstantritt ist glaubhaft zu machen. Bei längerer Dienstpostenausbildung ist die Dauer nachzuweisen (A 14.2 Satz 2, DA-KG 2015).
  • Während des freiwilligen Wehrdienstes kann auch eine Ausbildung zu einem zivilen Beruf erfolgen: In Betracht kommen beispielsweise die Ausbildung zum Telekommunikationselektroniker, zum Rettungssanitäter oder zum Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE. Die Ausbildung zum Kraftfahrer ist auch dann Berufsausbildung, wenn sie im Mannschaftsdienstgrad erfolgt und eine zuvor zu durchlaufende allgemeine (militärische) Grundausbildung einschließt (BFH-Urteil vom 3.7.2014, III R 53/13).
  • Das Kind kann bereits vor Antritt des freiwilligen Wehrdienstes berücksichtigt werden - und zwar während der Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz gemäß (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Als Nachweis gilt die schriftliche Bewerbung für den freiwilligen Wehrdienst (A 16.1 DA-KG 2015).
  • Die Zwangspause zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b Soldatengesetz gilt ab dem 1.1.2015 als begünstigte Übergangszeit. Eine Übergangszeit kann daher sowohl vor Beginn des freiwilligen Wehrdienstes als auch nach seiner Beendigung begründet werden(§ 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG).
  • Die Verlängerungszeit mit Kindergeldanspruch gilt nur noch für Kinder, die ihren Dienst vor dem 1.7.2011 begonnen haben, und zwar bis längstens 2018 (§ 52 Abs. 40 Satz 10 EStG). Für Kinder, die ab dem 1.7.2011 den freiwilligen Wehrdienst leisten, gibt es keinen Verlängerungszeitraum mehr über das 25. bzw. 21. Lebensjahr hinaus.

Verzögert sich der ankündigte Dienstantritt, sodass das Kind länger als vier Monate warten muss, ehe es seinen Freiwilligen Wehrdienst antreten kann, verlieren die Eltern das Kindergeld und den Kinderfreibetrag - und zwar auch für die ersten vier Monate der Übergangszeit. Dies gilt leider auch dann, wenn das Kind keinen Einfluss auf den Dienstbeginn hat oder an der Überschreitung der Viermonatsfrist kein Verschulden trägt (BFH-Urteile vom 22.12.2011, III R 5/07 und III R 41/07).

Tipp

Wird Ihnen das Kindergeld für Ihr Kind gestrichen, weil es länger als vier Monate auf seine Stelle warten muss, können Sie Ihre Unterhaltsleistungen an das Kind als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Der abzugsfähige Unterhaltshöchstbetrag im Jahre 2022 beträgt pro Monat 862 Euro.

Wichtig: Die Kinder müssen sich bei mehr als viermonatigen Wartezeiten auf einen Ausbildungsplatz oder Unterbrechungen von Ausbildungen unbedingt arbeits- bzw. ausbildungsplatzsuchend melden, und zwar möglichst zeitnah nach Beendigung bzw. Unterbrechung der jeweiligen Ausbildung. Ein arbeitssuchendes Kind wird bis zum 21. Lebensjahr, ein ausbildungsplatzsuchendes Kind bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt.

Wenn ein Kind z. B. coronabedingt länger als vier Monate warten musste, bevor es z.B. sein freiwilliges soziales Jahr antreten konnte, haben die Eltern ihren Kindergeldanspruch verloren, und zwar komplett für die Übergangszeit und nicht nur für den Zeitraum, der über die Vier-Monats-Frist hinausgeht. Das Kind hätte nicht einfach auf den Start des freiwilligen sozialen Jahres warten dürfen, sondern hätte sich als arbeits- oder ausbildungsplatzsuchend melden müssen. Nur dann wäre der Kindergeldanspruch (zumindest bis zum 21. Lebensjahr) erhalten geblieben (Urteil vom 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg).