Kein Kindergeld bei krankheitsbedingtem Abbruch der Ausbildung

Kein Kindergeld bei krankheitsbedingtem Abbruch der Ausbildung

Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr besteht ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG), eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG) oder wegen einer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG).

Besteht das Ausbildungsdienstverhältnis während einer Erkrankung des Kindes fort, bleibt auch der Anspruch der Eltern auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag sowie Ausbildungsfreibetrag bestehen. Falls die Erkrankung länger als sechs Monate dauert, entscheidet die Familienkasse anhand des amtsärztlichen Attestes, ob das Kind noch weiter berücksichtigt wird (Dienstanweisung DA 63.3.2.8, BStBl. 2012 I S. 773).

Seit 2017 gilt: Die Erkrankung und das voraussichtliche Ende der Erkrankung sind durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen. Die Bescheinigung ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten zu erneuern. Falls nach den ärztlichen Feststellungen das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar ist, ist zu prüfen, ob das Kind wegen einer Behinderung berücksichtigt werden kann (Dienstanweisung DA  2021, A 15.11).

Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Kindergeldgewährung wegen „Berufsausbildung“ des Kindes (gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG) nicht mehr möglich ist, wenn das Ausbildungsverhältnis wegen einer Erkrankung des Kindes nicht nur unterbrochen, sondern beendet wurde, zum Beispiel durch Abmeldung von der (Hoch-)Schule oder Kündigung des Ausbildungsverhältnisses.

Handelt es sich um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, kann es als „Ausbildungsplatz suchendes Kind“ (gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG) berücksichtigt werden. Von einer vorübergehenden Erkrankung ist auszugehen, wenn diese mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate währt (BFH-Urteil vom 21.8.2021, III R 41/19).

Der Fall: Die Tochter, geboren im Februar 1994, beginnt im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung. Die Familienkasse gewährt daher Kindergeld. Im Herbst 2017 erfährt die Familienkasse, dass die Tochter bereits im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Die Familienkasse hebt daher die Kindergeldfestsetzung ab April 2017 auf.

Die Eltern legen verschiedene Atteste vor, mit denen sie nachzuweisen versuchen, dass ihre Tochter nur aufgrund einer Erkrankung die Schule nicht mehr weiter habe besuchen können. Der Familienkasse genügt dies nicht. Sie fordert eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem geht sie davon aus, dass die Tochter schon im April 2017 gegenüber der Familienkasse hätte erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde.

Der BFH gibt der Familienkasse Recht. Für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt ein Kindergeldanspruch u.a. dann in Betracht, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden, sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemühen oder sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten können. Eine Berücksichtigung als „in Ausbildung befindliches Kind“ setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn das Kind während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird.

In einem solchen Fall kommt allenfalls eine Berücksichtigung als „Ausbildungsplatz suchendes Kind“ in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um eine vorübergehende, das heißt ihrer Art nach voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauernde Krankheit handelt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass das Kind trotz vorübergehender Ausbildungsunfähigkeit weiterhin ausbildungswillig ist. Bei voraussichtlich länger als sechs Monate andauernder Erkrankung kommt gegebenenfalls eine Berücksichtigung als „behindertes Kind“ in Betracht.

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