Betreutes Wohnen: Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastungen

Betreutes Wohnen: Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastungen

Ältere Menschen ziehen oftmals wegen aufkommender Demenz oder wegen anderer Krankheiten in eine altengerechte Wohnanlage für betreutes Wohnen. So haben sie die Möglichkeit, in eigener Häuslichkeit eine
autonome Lebensführung aufrecht zu erhalten und ihr Leben solange wie möglich eigenständig und nach ihren individuellen Bedürfnissen zu führen. Hier können sie im Bedarfsfall einen Pflegedienst, ambulante soziale
Dienstleistungen, Hausnotruf, Unterstützung und Pflege bei Krankheit u.Ä. in Anspruch nehmen. Der Betreuungsumfang ist meist in einem Servicevertrag geregelt. Die Frage ist, ob die Kosten der Unterbringung in der
Wohnanlage für betreutes Wohnen steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind.

Erfolgt die Unterbringung allein wegen Alters, zählen die Aufwendungen für die Unterbringung zu den Kosten der Lebensführung und werden nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd anerkannt. Ist die
Unterbringung hingegen wegen Pflegebedürftigkeit oder wegen Krankheit erforderlich, sind die Aufwendungen für die Unterbringung wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wobei das
Finanzamt eine zumutbare Belastung anrechnet.

Aktuell hat das Finanzgericht Niedersachsen entschieden, dass die Kosten in einer Wohnanlage für betreutes Wohnen als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind, wenn die Unterbringung
ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist. Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung. Als
Krankheit gilt hier auch eine beginnende Demenz (FG Niedersachsen vom 20.9.2017, 9 K 257/16).

Im Urteilsfall erfolgte die Unterbringung in der Wohnanlage wegen beginnender Demenz, weil deshalb ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben in einer eigenen Wohnung nicht mehr möglich war. Die Unterbringung in
der Wohnanlage für betreutes Wohnen ermöglichte dagegen die Sicherstellung der ständigen Überwachung hinsichtlich Anwesenheit, Nahrungs- und Medikamenteneinnahme sowie Körperpflege. Zudem bietet z.B. die Möglichkeit der Inanspruchnahme des angebotenen Begleitservice beim Verlassen der Wohnanlage Schutz vor der Gefahr, dass der Betroffene bei plötzlich auftretender Desorientiertheit nicht selbst zur Anlage zurückfindet.

Anders als das Finanzamt meint, ist eine Unterscheidung zwischen „normalen“ und altersbedingten Erkrankungen nicht vorzunehmen. Auch häufig im Alter auftretende Krankheiten, wie die Demenz, können eine
krankheitsbedingte Unterbringung rechtfertigen. Es genügt eine ärztliche Beurteilung. Die Einholung eines amtsärztlichen Attests ist darüber hinaus nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 13.10.2010, VI R 38/09).

Der Aufenthalt in einem Seniorenheim kann auch dann krankheitsbedingt sein, wenn eine ständige Pflegebedürftigkeit (noch) nicht gegeben ist. Daher ist für die Beurteilung der krankheitsbedingten Unterbringung nicht erforderlich, dass auch Pflegekosten in Rechnung gestellt worden sind.

Im Urteilsfall wurden die geltend gemachten Miet- und Servicekosten in Höhe von rund 20.000 Euro dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen anerkannt, davon allerdings die zumutbare Belastung und die Haushaltsersparnis abgezogen.

Anders liegt der Fall, wenn jemand beim Einzug in die Wohnanlage für betreutes Wohnen noch gesund ist und erst danach krank oder pflegebedürftig wird. In diesem Fall sind die Unterbringungskosten zunächst noch nicht absetzbar, sondern erst mit Eintritt der Krankheit oder Pflegebedürftigkeit (so FG Niedersachsen vom 15.12.2015, 12 K 206/14, rkr.).

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