Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs bringt Klarheit für Riester-Sparer: Auch ein umgewidmetes Darlehen kann unter bestimmten Voraussetzungen mit gefördertem Altersvorsorgekapital getilgt werden. Worauf es dabei ankommt, erfahren Sie hier.
Die sogenannte Wohn-Riester-Förderung ermöglicht es, gefördertes Altersvorsorgekapital nicht nur für den Erwerb oder Bau einer selbstgenutzten Immobilie einzusetzen, sondern auch zur Tilgung eines Darlehens zu verwenden, das für diesen Zweck aufgenommen wurde. Dieses Modell nennt sich Entschuldungsalternative nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG.
In der Praxis stellt sich jedoch häufig die Frage, ob diese Förderung auch dann gilt, wenn das ursprüngliche Darlehen im Laufe der Zeit umgewidmet wurde – etwa weil die erste Immobilie verkauft und ein neues Eigenheim erworben wurde. Gerade in solchen Fällen zeigte sich die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) bisher oft wenig flexibel und lehnte eine Auszahlung der geförderten Beträge ab.
BFH schafft Rechtssicherheit für Riester-Sparer
Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 27.11.2024 (Az. X R 24/23) zugunsten der Sparer entschieden. Konkret urteilte das Gericht: Eine Umwidmung des Darlehens ist auch dann förderunschädlich, wenn das Darlehen ursprünglich für den Erwerb oder Bau eines ersten selbstgenutzten Objekts aufgenommen wurde und später im Zusammenhang mit der Anschaffung einer zweiten Immobilie verwendet wird.
Im verhandelten Fall hatten Eheleute im Jahr 1987 ein Haus erworben und über ein Bankdarlehen finanziert. Nach mehreren Umschuldungen verkauften sie die Immobilie 2011 und nutzten den Verkaufserlös sowie das bestehende Darlehen zur Finanzierung eines neuen Eigenheims. Die ZfA lehnte den Antrag auf Verwendung des Altersvorsorgekapitals zur Tilgung des verbliebenen Darlehens im Jahr 2021 ab. Begründung: Das Darlehen diene nicht mehr der Finanzierung der aktuell genutzten Immobilie, sondern sei lediglich auf das neue Objekt „übertragen“ worden – also ein sogenannter Pfandtausch.
Der BFH sah das anders. Die Richter betonten, dass der geforderte unmittelbare Zusammenhang zur wohnwirtschaftlichen Verwendung auch dann vorliegt, wenn ein Darlehen auf ein neues selbstgenutztes Objekt umgewidmet wird – vorausgesetzt, dies geschieht ohne zeitlich übermäßige Unterbrechung und unter Erhalt der Zweckbindung des Kredits.
Zeitliche Nähe bleibt entscheidend
Trotz der positiven Grundsatzentscheidung bleibt ein wichtiger Aspekt bestehen: Die Umwidmung des Darlehens muss in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Verkauf des alten und dem Erwerb des neuen Objekts stehen. Die Finanzverwaltung erkennt in der Praxis eine Frist von sechs Monaten zwischen beiden Vorgängen als unschädlich an (§ 92a EStG; BMF-Schreiben vom 5.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rz 258).
Der BFH hat zwar hierzu keine klare Frist definiert, empfiehlt aber eine unmittelbare Verwendung des Kapitals – idealerweise Zug um Zug. Das bedeutet, das Altersvorsorgevermögen sollte direkt in die Tilgung des Darlehens fließen, ohne zwischenzeitlich auf einem privaten Konto geparkt zu werden.
Wer ein Riester-gefördertes Darlehen umwidmen möchte, sollte daher:
- den zeitlichen Ablauf sorgfältig dokumentieren,
- eine lückenlose Zweckbindung des Darlehens nachweisen,
- den Antrag bei der ZfA frühzeitig stellen,
- und sich nicht auf einen großzügigen Handlungsspielraum verlassen.
Zudem kann es vorkommen, dass Banken bei sehr zinsgünstigen Altverträgen eine Umwidmung aus wirtschaftlichen Gründen nicht unterstützen – auch das gilt es im Vorfeld zu klären.
Die Entscheidung des BFH stärkt jedenfalls die Rechtsposition vieler Riester-Sparer, die ihre Altersvorsorge flexibel und im Sinne einer selbstgenutzten Immobilie einsetzen wollen.