Rückforderung der Schenkung bei Pflegebedürftigkeit

Rückforderung der Schenkung bei Pflegebedürftigkeit

Bei der steuerlichen Anerkennung von pflegebedingten Aufwendungen, insbesondere von Heimkosten, gibt es Probleme, wenn in früheren Jahren Vermögensübertragungen stattgefunden haben. Hat nämlich die pflegebedürftige Person einem Angehörigen im Hinblick auf ihr Alter oder eine etwaige Pflegebedürftigkeit Vermögenswerte zugewendet, z.B. ein Haus, erkennt das Finanzamt die pflegebedingten Aufwendungen erst dann als außergewöhnliche Belastung an, wenn die Aufwendungen den Wert des Vermögens übersteigen (R 33.3 Abs. 5 EStR). Nicht nur das Finanzamt prüft eine Schenkung, sondern auch das Sozialamt prüft, ob zivilrechtlich eine Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn seit der Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind (§ 528 Abs. 1, § 529 BGB).

Aktuell hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass regelmäßige Zahlungen zum Kapitalaufbau an Familienangehörige zurückgefordert werden können, wenn der Schenker selbst bedürftig wird. Der Rückforderungsanspruch gehe auf den Sozialhilfeträger über, wenn dieser Leistungen erbringe. Das gilt auch dann, wenn eine Großmutter für ihre Enkelkinder Zahlungen auf ein Sparkonto geleistet hat (OLG Celle vom 13.2.2020, 6 U 76/19).

Der Fall: Eine Großmutter hat für ihre beiden Enkel nach deren Geburt jeweils ein Sparkonto eröffnet und darauf über einen Zeitraum von elf bzw. neun Jahren jeweils monatlich 50 Euro eingezahlt, um für die Enkel Kapital anzusparen. Als die Großmutter vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden musste, hatte sie die Zahlungen an ihre Enkel zwar bereits eingestellt, die für die Heimunterbringung von ihr anteilig zu tragenden Kosten konnte sie aber nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Deshalb kam der Sozialhilfeträger für diese Kosten auf und verlangte von den Enkeln die Rückzahlung der Beträge, die die Großmutter in den letzten zehn Jahren auf die Sparkonten der Enkel eingezahlt hatte.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil es sich bei den geleisteten Zahlungen um sog. „Anstandsschenkungen“ handele, die nach dem Gesetz nicht zurückgefordert werden könnten. Aber das OLG Celle hat dieses Urteil geändert und die Enkel zur Zahlung der zurückgeforderten Beträge verurteilt. Die Rückforderung der Schenkung sei rechtens.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellen über mehrere Jahre monatlich geleistete Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau keine „privilegierten Schenkungen“ i.S.v. § 534 BGB dar. Deshalb kann der Sozialhilfeträger diese von den beschenkten Familienangehörigen zurückfordern, wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Leistungen von einem Sozialhilfeträger bezieht.

Schenkungen könnten nach dem Gesetz grundsätzlich dann zurückgefordert werden, wenn der Schenker seinen angemessenen Unterhalt nicht mehr selbst bestreiten könne und die zuvor geleisteten Schenkungen keiner sittlichen Pflicht (sog. „Pflichtschenkungen“) oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach (sog. „Anstandsschenkungen“). Dieser Anspruch gehe nach dem Gesetz auf den Sozialhilfeträger über, wenn der Schenker Sozialleistungen beziehe.

Die von der Großmutter regelmäßig zum Kapitalaufbau an die Enkel geleisteten Zahlungen stellten weder eine sittlich gebotene „Pflichtschenkung“ noch eine auf moralischer Verantwortung beruhende „Anstandsschenkung“ dar. Als solche könnten zwar anlassbezogene Geschenke z. B. zu Weihnachten und zum Geburtstag zu werten sein, die die Enkel ebenfalls von ihrer Großmutter bekommen hatten.

Hier spreche aber nicht nur die Summe der jährlich geleisteten Beträge in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Großmutter gegen ein dem Anstand entsprechendes Gelegenheitsgeschenk, auch der Zweck der Zuwendungen (Kapitalaufbau) spreche gegen eine solche Charakterisierung der Zahlungen, die gerade nicht als Taschengeld an die Enkel geleistet wurden. Die Richter betonen, dass es für die geltend gemachte Rückforderung der Schenkung nicht darauf ankommt, ob es bei Beginn der Zahlungen für die Großmutter absehbar war, dass sie später einmal pflegebedürftig werden würde.

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