Für Soldaten ist die Frage, wo sich die erste Tätigkeitsstätte befindet, nicht nur für den Dienstbetrieb relevant, sondern hat vor allem steuerliche Auswirkungen. Abhängig davon, ob es sich um eine erste Tätigkeitsstätte oder eine Auswärtstätigkeit handelt, können Fahrtkosten und Verpflegungspauschalen unterschiedlich angesetzt werden. Da sich daraus erhebliche steuerliche Unterschiede ergeben, lohnt es sich, die Regeln und aktuelle Urteile genau zu kennen.
Warum ist die Unterscheidung so wichtig?
In der Steuererklärung können Arbeitnehmer grundsätzlich die Kosten für ihre Fahrten zur Arbeit absetzen. Dabei kommt es aber entscheidend darauf an, ob es sich um Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte oder zu einer Auswärtstätigkeit handelt. Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte können nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden. Diese beträgt 30 Cent pro Entfernungskilometer für die einfache Strecke, ab dem 21. Kilometer sind es 38 Cent. Anders bei Auswärtstätigkeiten: Hier dürfen Soldaten 30 Cent pro tatsächlich gefahrenem Kilometer ansetzen, also Hin- und Rückfahrt. Zusätzlich können bei Auswärtstätigkeiten auch Verpflegungsmehraufwendungen steuerlich geltend gemacht werden.
Für Soldaten der Bundeswehr ist die Abgrenzung oft nicht ganz einfach. Während Berufspendler in der Privatwirtschaft meist eine klare erste Tätigkeitsstätte haben, ergeben sich bei Soldaten durch Versetzungen, zeitlich begrenzte Einsätze oder Ausbildungsabschnitte häufig Besonderheiten.
Wann liegt bei Soldaten eine erste Tätigkeitsstätte vor?
Steuerrechtlich gilt als erste Tätigkeitsstätte der Ort, an dem der Arbeitnehmer – in diesem Fall der Soldat – dauerhaft tätig werden soll. Diese Dauerhaftigkeit ist in mehreren Fällen gegeben: wenn die Tätigkeit für unbestimmte Zeit vorgesehen ist, wenn der Zeitraum mehr als 48 Monate beträgt oder wenn der Soldat für die gesamte Dauer seines Dienstverhältnisses diesem Standort zugeordnet ist.
Entscheidend ist dabei nicht, ob es theoretisch irgendwann zu einer Versetzung kommen könnte. Vielmehr zählt allein, was in der jeweiligen dienstrechtlichen Verfügung steht. Sobald ein Soldat einem Standort ohne feste zeitliche Befristung zugeordnet wird, liegt in der Regel eine erste Tätigkeitsstätte vor.
Aktuelles Urteil des Hessischen Finanzgerichts zu Berufssoldaten
Besonders klar wird dies durch ein aktuelles Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 17. Januar 2025 (Az. 4 K 561/21). In dem Verfahren klagte ein Berufssoldat, der nach mehreren Jahren als Zeitsoldat zum Berufssoldaten ernannt wurde. Er war mit einer Versetzungsverfügung an einen neuen Standort versetzt worden. In dieser Verfügung war lediglich eine „voraussichtliche Verwendungsdauer“ von weniger als drei Jahren angegeben. Der Soldat argumentierte, dass damit keine dauerhafte Zuordnung vorliege und er somit weiterhin auf einer Auswärtstätigkeit sei. Entsprechend machte er in seiner Steuererklärung die höheren Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen geltend, die bei einer Auswärtstätigkeit erlaubt sind.
Das Finanzamt jedoch erkannte nur die Entfernungspauschale an. Auch das Finanzgericht wies die Klage des Soldaten ab. Nach Auffassung des Gerichts stellt die Angabe einer voraussichtlichen Dauer keine feste Befristung dar. Es handle sich lediglich um eine Prognose, die keine bindende Verpflichtung für die Bundeswehr darstellt. Solange keine ausdrückliche kalendermäßige Befristung in der Versetzungsverfügung enthalten ist, ist von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen.
Der Soldat hat gegen die Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VI B 5/25). Ob der Bundesfinanzhof den Fall aufnimmt und möglicherweise anders entscheidet, bleibt derzeit noch offen. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein älteres Urteil des BFH aus dem Jahr 2013 (Az. VI R 27/12), das damals noch nach alter Rechtslage eine voraussichtliche Verwendungsdauer als Befristung ansah. Allerdings gilt dieses Urteil nur für die Rechtslage vor 2014.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Zeitsoldaten
Auch für Zeitsoldaten hat der Bundesfinanzhof bereits 2022 eine klare Entscheidung getroffen (Urteil vom 22. November 2022, Az. VI R 6/21). Wird ein Zeitsoldat bereits bei der Einplanung einem bestimmten Bundeswehrstandort zugewiesen, so gilt dieser Standort grundsätzlich als erste Tätigkeitsstätte – und zwar für die gesamte Dauer des Zeitverhältnisses. Das gilt selbst dann, wenn der Soldat im Laufe seiner Dienstzeit vorübergehend für Lehrgänge oder Einsätze abkommandiert wird. Diese vorübergehenden Abordnungen gelten als Auswärtstätigkeiten, ändern jedoch nichts an der dauerhaften Zuordnung zum ursprünglich zugewiesenen Standort.
Besonderer Fall: Ausbildung während der Dienstzeit
Ein Sonderfall wurde vom Finanzgericht Nürnberg am 8. März 2023 (Az. 5 K 211/22) entschieden. Hier war eine Soldatin auf Zeit vom militärischen Dienst freigestellt worden, um eine zivile Ausbildung zur Verwaltungssekretärin bei einer Gemeinde zu absolvieren. Sie argumentierte, dass ihre erste Tätigkeitsstätte weiterhin ihre militärische Stammkaserne sei und die Ausbildung damit eine Auswärtstätigkeit darstelle.
Das Finanzgericht folgte dieser Argumentation nicht. Da die Soldatin für die Dauer der Ausbildung in ein neues aktives Dienstverhältnis zur Gemeinde berufen wurde, war die Ausbildungsstätte ihre neue erste Tätigkeitsstätte. Dass sie weiterhin Bezüge vom Bundesverwaltungsamt erhielt, spielte dabei keine Rolle. Konsequenz: Die Fahrtkosten konnten nur mit der Entfernungspauschale angesetzt werden, Verpflegungsmehraufwendungen waren nicht abzugsfähig.
Worauf Soldaten achten sollten
Für Soldaten der Bundeswehr ist die richtige Einordnung ihrer Tätigkeit entscheidend, um steuerlich korrekt und optimal vorzugehen. In der Regel haben sowohl Berufssoldaten als auch Zeitsoldaten eine erste Tätigkeitsstätte an dem Standort, dem sie dienstrechtlich zugewiesen wurden. Nur bei vorübergehenden Einsätzen, Lehrgängen oder externen Ausbildungen kann eine Auswärtstätigkeit vorliegen. Wer seine Steuererklärung vorbereitet, sollte daher seine Einplanungs- und Versetzungsverfügungen genau prüfen und im Zweifel steuerlichen Rat einholen.
Gerade bei Versetzungen ohne feste zeitliche Begrenzung lohnt sich ein Blick auf die genaue Formulierung der Verfügung. Begriffe wie „voraussichtliche Verwendungsdauer“ bedeuten nicht automatisch eine zeitliche Befristung im steuerlichen Sinne. Nur eine klar benannte kalendermäßige Befristung kann dazu führen, dass keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt.
Fazit: Mit etwas Hintergrundwissen und sorgfältiger Prüfung der eigenen Unterlagen können Soldaten steuerliche Vorteile optimal nutzen und zugleich mögliche Streitigkeiten mit dem Finanzamt vermeiden.