Kontenspionage: Jahr für Jahr schaut der Staat in immer mehr private Konten

Kontenspionage: Jahr für Jahr schaut der Staat in immer mehr private Konten

Mit Hilfe der automatisierten Kontenspionage können die Behörden heimlich, still und leise feststellen, wer wo wie viele Konten und Depots hat, wann die Konten eröffnet und geschlossen wurden. Davon erfahren die betroffenen Bürger und Banken nichts. Nicht ersichtlich sind jedoch Kontenstände und Kontenbewegungen. Dafür muss gezielt bei den betreffenden Banken nachgefragt werden.

Bei den Kontenabrufen sind zwei Formen und Wege zu unterscheiden:

  • Steuerliche Kontenabrufe: Finanz- und Sozialbehörden können Kontenanfragen über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) starten (§ 93 Abs. 7 und 8 AO). Diesen Weg nutzen auch Gerichtsvollzieher und Jugendämter sowie die Vollstreckungsbehörden von Bund und Ländern.
  • Strafrechtliche Kontenabrufe: Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften dürfen ebenfalls Konten und ihre Besitzer aufspüren und nutzen dazu die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Auch die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter sowie die Zollfahndungsstellen gehen über die BaFin (§ 24c KWG).

Aktuell ist für das Jahr 2018 – wie bereits in allen Vorjahren – wieder von einem zweifelhaften neuen Rekord bei den Kontenabfragen zu berichten:

Finanzämter und Sozialbehörden einschließlich Gerichtsvollzieher und Jugendämter haben im vergangenen Jahr so viele heimliche Kontenabfragen gestartet wie noch nie zuvor – insgesamt 796.600! Und damit über 100.000 mehr als im Jahr zuvor. Beim Start im Jahre 2005 waren es gerade mal 8.700.

Doch selbst dieser unrühmliche Rekord ist noch nicht die ganze Wahrheit: Zusätzlich zu den Kontenabfragen der Finanz- und Sozialbehörden haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Zoll- und Steuerfahndung weitere 142.888 (Vorjahr: 136.845) Kontenabrufe vorgenommen. Insgesamt sind dies 939.488 Kontenabfragen (Vorjahr: 829.011). Das heißt: Jeden Arbeitstag wurden durchschnittlich rund 4.300 Bürger ausgeforscht (Vorjahr: 3.800)!

Eine Neuerung gibt es ab 2020:

Dann werden die Zugriffe noch genauer, d. h. die Möglichkeit von fehlerhaften Datenübermittlungen oder Personenverwechslungen wird verringert. Künftig sind die Banken verpflichtet, neben den bisherigen Parametern (Name, Vorname und Geburtsdatum) auch die Adresse und die steuerliche Identifikationsnummer an das Bundeszentralamt für Steuer zu übermitteln. Durch die Übermittlung dieser weiteren Parameter wird eine noch genauere Auswertung der Abrufergebnisse durch das Bundeszentralamt für Steuern möglich sein (BT-Drucksache 19/9177 vom 8.4.2019).

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