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(2022) Was bedeutet die Öffnungsklausel?

Dieser Text bezieht sich auf die Steuererklärung 2022. Die Version die für die Steuererklärung 2020 finden Sie unter:
(2023): Was bedeutet die Öffnungsklausel?

Bei der nachgelagerten Besteuerung kann es zu einer ungerechten Übersteuerung kommen, wenn ein Selbständiger über mehrere Jahre Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt hat, die höher waren als der Jahreshöchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung (Summe des Arbeitgeberanteils und des Arbeitnehmeranteils). Der zu zahlende Höchstbetrag richtet sich nach der Beitragsbemessungsgrenze.

Diese wird jährlich neu berechnet und stellt die Grenze dar, bis zu der die Rentenversicherungsbeiträge anteilig vom Einkommen gezahlt werden müssen. Für Einkommen, das über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, leisten Sie normalerweise keine Versicherungsbeiträge – außer Sie zahlen sie wie in diesem Zusammenhang freiwillig.

Der Selbständige hat also aus seinem bereits versteuerten Einkommen freiwillig zusätzliche Beiträge gezahlt. Dadurch hat er sich auf der einen Seite eine höhere Rente erarbeitet, die er aber auf der anderen Seite mit dem üblichen Besteuerungsanteil zu hoch besteuern müsste. Das kann vermieden werden. Als Rentner kann er seine Rente in einen freiwilligen und in einen gesetzlichen Teil aufteilen lassen. Hierzu muss er aber bis zum 31.12.2004 mindestens zehn Jahre lang freiwillig einen höheren Beitrag gezahlt haben.

Tipp

Wenn dies auf Sie zutrifft, müssen Sie beantragen, dass der Anteil Ihrer Rente, der auf diesen erhöhten Beiträgen beruht, nicht mit dem hohen Besteuerungsanteil (2022: 82 Prozent der Rente), sondern mit dem wesentlich günstigeren Ertragsanteil besteuert wird. Der Anteil der niedriger zu besteuernden Rente ist die Öffnungsklausel, diese erfahren Sie aus der Bescheinigung Ihres Rentenversicherungsträgers.

 

Beispiel

Wenn Sie seit Ihrem 65. Lebensjahr eine gesetzliche Rente von 1.500 Euro im Monat beziehen und dem Finanzamt mit einer Bescheinigung der Rentenzahlstelle nachweisen können, dass 30 Prozent (das ist die Öffnungsklausel) der Rentenzahlung auf erhöhten Beiträgen beruhen, ergibt sich diese Berechnung:

Für 70 Prozent der Rente: Normale Besteuerung nach Abzug des Rentenfreibetrags: 1.500 Euro x 70 Prozent = 1.050 Euro x 12 Monate = 12.600 Euro abzgl. Rentenfreibetrag von (zum Beispiel) 42 Prozent = 7.308 Euro.

Bei dem Teil, für den die Öffnungsklausel von 30 Prozent gilt, wird der günstigere Ertragsanteil angesetzt: 1.500 Euro x 30 Prozent = 450 Euro x 12 Monate = 5.400 Euro x 18 Prozent = 972 Euro. In diesem Fall müssten also 8.280 Euro versteuert werden. Ohne Öffnungsklausel hätten 10.440 Euro versteuert werden müssen.

Der Ertragsanteil richtet sich nach dem Alter des Rentners zum Beginn der Rentenzahlung, er beträgt beispielsweise bei 64-Jährigen 19 Prozent, bei 65- bis 66-Jährigen 18 Prozent und bei 67-Jährigen 17 Prozent.

In der folgenden Tabelle finden Sie die Höhe des Ertragsanteils je nach Alter bei Beginn der Rente; dieser wird von SteuerGo automatisch berechnet:

 

Hinweis:

Ende Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof seine beiden Urteile zur möglichen Doppelbesteuerung von Renten veröffentlicht. Die Klagen der betroffenen Rentner blieben allerdings erfolgslos. Der BFH hält eine Doppelbesteuerung nur in wenigen Einzelfällen für möglich. Die grundsätzliche Systematik der Rentenbesteuerung hält er für rechtens, also den begrenzten Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen im Erwerbsleben, verbunden mit der nur teilweisen Steuerbefreiung der Renten in der Auszahlungsphase. Eine doppelte Besteuerung zeichne sich erst für spätere Rentnerjahrgänge ab (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Allerdings haben die unterlegenen Kläger gegen die beiden Entscheidungen des BFH Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21).

Es geht um die Frage, wie eine Doppelbesteuerung konkret berechnet wird. Der BFH hat eine sehr schematische Sichtweise eingenommen, die nur im Einzelfall zu einer zu hohen Besteuerung von Renten führt. So gelte für die Berechnung einer möglichen Doppelbesteuerung das Nominalwertprinzip. Es seien - etwas vereinfacht gesprochen - die tatsächlich eingezahlten und begünstigen Vorsorgeaufwendungen - mit den später tatsächlich gezahlten und teilweise befreiten Rentenbeträgen zu vergleichen. Weder seien Beträge auf- oder abzinsen noch sei eine Inflation zu berücksichtigen.

Von einigen Experten, aber auch von den Klägern im Verfahren X R 33/19, wurde hingegen die Auffassung vertreten, in der Erwerbsphase werden keine Rentenbeträge in Geld, sondern reine Entgeltpunkte erworben. Die tatsächliche Höhe der Rente kristallisiere sich erst viel später heraus. Doch der BFH hat sich nicht in die "Niederungen" der Finanz- und Versicherungsmathematik begeben, sondern vergleicht eingezahlte mit ausgezahlten Geldbeträgen. Ob das richtig ist oder ob es eine für Steuerzahler günstigere Rechnung gibt, sollen die Verfassungshüter in Karlsruhe klären.

Aktuell haben sich Bund und Länder endlich dazu durchringen können, betroffene Steuerbescheide hinsichtlich des streitigen Punktes vorläufig ergehen zu lassen. Konkret: Steuerfestsetzungen ergehen vorläufig hinsichtlich der "Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG". Der Vorläufigkeitsvermerk wird sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2005 beigefügt, in denen eine Leibrente oder eine andere Leistung aus der sogenannten Basisversorgung erfasst wird (BMF-Schreiben vom 30.8.2021, V A 3 - S 0338/19/10006 :001).

Das heißt: Rentner erhalten von nun an Einkommensteuerbescheide mit einem Hinweis auf die - teilweise - Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung. Sollte das Bundesverfassungsgericht der Auffassung sein, dass die derzeitige Besteuerung von gesetzlichen Renten und Renten aus berufsständischen Versorgungswerken sowie ähnlichen Altersversorgungen verfassungswidrig zu hoch ist, so können die Steuerbescheide, die jetzt und in Zukunft ergehen, auch ohne vorherigen Einspruch geändert werden.

Rechner
  • Förderrechner Riester-Rente: Mit dem Riester-Rechner können Sie Ihre persönlichen Daten zur Riester-Rente berechnen. Der Rechner ermittelt wie hoch die verschiedenen Zulagen ausfallen und welche Höchstgrenzen für Sie relevant sind.
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