Trinkgelder: Wem stehen sie zu und was bleibt steuerfrei?

Trinkgelder: Wem stehen sie zu und was bleibt steuerfrei?

Trinkgelder für freundlichen Service blieben in Deutschland früher nicht in der Tasche von Kellnern, Friseuren und Friseurinnen, Zimmermädchen, Krankenpflegern, Taxifahrern usw., sondern gelangten zum Teil auch in die Tasche des Finanzministers. Das aber ist jetzt erfreulicherweise anders.

Freiwillige Trinkgelder, die ein Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung erhält, sind – anders als vor 2002 – in vollem Umfang steuerfrei (§ 3 Nr. 51 EStG). Trinkgelder sind nicht Bestandteil des Mindestlohnes, sondern zusätzliches Einkommen des Arbeitnehmers.

Es gibt aber nicht nur freiwillige Trinkgelder, sondern auch Trinkgelder mit Rechtsanspruch. Dies gilt insbesondere für die prozentualen Bedienungszuschläge im Gastgewerbe, die Metergelder im Möbeltransportgewerbe, Zahlungen aus dem Tronc einer Spielbank an den Spielleiter. Diese Trinkgelder werden meist vom Arbeitgeber gezahlt, ihre Höhe ist arbeitsvertraglich festgelegt. Trinkgelder mit Rechtsanspruch sind stets in voller Höhe steuer- und sozialversicherungspflichtig.

Einen Freibetrag gibt es dafür nicht. Der Arbeitgeber hat den ermittelten Trinkgeldbetrag mit dem übrigen laufenden Arbeitslohn zusammenzufassen und davon einheitlich Lohnsteuer zu berechnen und einzubehalten.

Eine besondere Form des Trinkgeldes ist der sogenannte „Toilettengroschen„, den man für die Benutzung von sanitären Anlagen zahlt. Für saubere Toiletten, die laufend gereinigt und gewartet werden, legt man dem Reinigungspersonal gerne einen Obolus in den aufgestellten Teller. Dass aus dem „Toilettengroschen“ heute 50 Cent, also umgerechnet eine „Toilettenmark“ geworden ist, tut hier nichts zur Sache. Vielmehr freut man sich, dass die Gaben voll beim Begünstigten ankommen. Meint man…

  • In der Praxis kommt es immer öfter vor, dass Betreiber von Toilettenanlagen die Reinigung an Dritte abgeben und ihnen dafür die Möglichkeit einräumen, die Trinkgelder zu behalten. Dies ist nicht nur in Einkaufscenter, Autobahnraststätten, Stadien usw. zu beobachten, sondern zunehmend auch bei Vereinsfesten und in Gaststätten. Gar mancher Toilettennutzer gibt seinen Obolus im Glauben, damit die „arme Reinigungskraft“ zu entlohnen, doch in Wirklichkeit zahlt er an den Pächter.
  • Es gibt auch Personen, die lediglich eine Toilettenaufsicht wahrnehmen und keine Reinigungsarbeiten übernehmen müssen, sogenannte Sitzer oder Sitzerin. Deren Aufgabe ist es, sich ständig – zumeist sitzend – an einem Tisch mit Sammelteller aufzuhalten, dabei stets einen sauberen weißen Kittel zu tragen, das Geld, welches die Toilettenbesucher freiwillig auf den Teller legen, regelmäßig bis auf wenige Geldstücke abzuräumen, zunächst in ihre Kitteltasche zu stecken und je nach Aufkommen mehrmals je Schicht in einen Tresor zu legen. Denn das Geld sackt die Reinigungsfirma ein und behält es für sich. Für ihre Tätigkeit erhält die jeweilige Kraft einen nur geringen Stundenlohn, aber keinen Anteil an den Trinkgeldern der Toilettennutzer.
  • Das kann doch nicht sein – sagten ein Ehemann (als Reiniger) und seine Ehefrau (als Sitzerin) und verlangten von ihrem Arbeitgeber eine Beteiligung an den vereinnahmten Geldern, weil es sich dabei tatsächlich um Trinkgelder für das Reinigungs- und Aufsichtspersonal gehandelt habe. Und sie bekamen vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen recht (ArbG Gelsenkirchen vom 21.1.2014, 1 Ca 1603/13 und 1 Ca 2158/13).
  • Zunächst hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Toilettenfrau und dem Reinigungsmann ein Auskunftsanspruch über die Höhe der erzielten Trinkgelder zusteht. Die Reinigungsfirma musste daraufhin die erhaltenen Einnahmen der zwei Monate (30.000 Euro) offenlegen. Da in den zwei Monaten 20 Mitarbeiter in den Toiletten gearbeitet haben, beanspruchte die Sitzerin ein Zwanzigstel des Gesamtbetrags, also 1.500 Euro. Daraufhin haben sich die Angestellte und ihr Arbeitgeber auf einen Vergleich geeinigt, wonach die Reinigungsfirma 1.000 Euro an die Toilettenfrau bezahlt. Bei den über die Sammelteller erwirtschafteten Geldbeträgen handelt sich um Trinkgeld i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 2 GewO. Der Arbeitgeber sei unter allein schuldrechtlichen Gesichtspunkten gehalten, nach dem Willen Dritter für seine Arbeitnehmer bestimmtes, angenommenes, tatsächlich aber von ihm vereinnahmtes Trinkgeld an den begünstigen Personenkreis weiterzuleiten.

Unternehmer, die freiwillige Trinkgelder erhalten, müssen die Zahlungen sowohl der Einkommen- und Gewerbesteuer als auch der Umsatzsteuer unterwerfen. Für sie gelten keine Steuerbefreiungen.

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