Kapitalerträge ohne Steuerabzug und trotzdem Verluste verrechnen? Wer eine NV-Bescheinigung besitzt, muss die aktuellen Regelungen genau kennen. Wir erklären, was sich durch das neue BMF-Schreiben zur NV-Bescheinigung und Verlustverrechnung ändert – und worauf Sie im Übergangszeitraum bis Ende 2025 achten sollten.
Kapitalerträge steuerfrei – dank NV-Bescheinigung
Anlegerinnen und Anleger können der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge entgehen, indem sie ihrer Bank einen Freistellungsauftrag erteilen – bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags (1.000 EUR bei Ledigen, 2.000 EUR bei Verheirateten). Wer jedoch dauerhaft so geringe Einkünfte hat, dass keine Einkommensteuerpflicht besteht, kann beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) beantragen. Damit werden Kapitalerträge auch oberhalb des Sparerpauschbetrags ohne Steuerabzug ausgezahlt.
Eine NV-Bescheinigung wird erteilt, wenn Sie:
- in Deutschland wohnen und
- nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden, also weder zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind (Pflichtveranlagung) noch freiwillig eine Erklärung abgeben (Antragsveranlagung).
Typische Fälle für den Antrag auf NV-Bescheinigung: Kinder, Studierende und Rentner mit geringen Einkünften. Arbeitnehmer profitieren dagegen meist nicht davon.
Die NV-Bescheinigung gilt grundsätzlich drei Jahre. Bei wesentlichen Änderungen der Einkommensverhältnisse muss sie zurückgegeben werden. Auch das Finanzamt kann die Bescheinigung widerrufen.
NV-Bescheinigung und Verlustverrechnung: Neue Regelung ab 2025
Ein entscheidender Punkt für Anleger ist die Frage: Wie funktioniert die Verlustverrechnung bei vorhandener NV-Bescheinigung? Genau hierzu hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in einem BMF-Schreiben vom 14.05.2025 (Az.: IV C 1 – S 2252/00075/016/070, Rz. 226) neue Klarheit geschaffen.
Das ist neu:
- Verluste aus Kapitalanlagen, die vor oder während der NV-Phase entstehen, dürfen bankintern mit positiven Kapitalerträgen verrechnet werden – auch während der Gültigkeit der NV-Bescheinigung.
- Nach Ablauf der NV-Bescheinigung oder bei deren Widerruf kann ein verbleibender Verlust weiterhin mit zukünftigen Erträgen verrechnet oder ins nächste Jahr vorgetragen werden.
- Nicht angerechnete Quellensteuer ist weiterhin jährlich zu bescheinigen.
Das war bisher der Stand (gemäß BMF-Schreiben vom 19.05.2022):
- Während der NV-Phase war keine Verlustverrechnung innerhalb der Bank möglich.
- Verluste und nicht angerechnete Quellensteuer mussten dem Steuerpflichtigen bescheinigt, aber nicht berücksichtigt werden.
- Nach Ablauf der Bescheinigung war keine Verrechnung oder Übertragung ins Folgejahr erlaubt. Eventuelle Verlusttöpfe mussten geschlossen werden.
Übergangsregelung: Banken haben Zeit bis Ende 2025
Wichtig: Die neue Anweisung des BMF ist erst ab 2026 verpflichtend umzusetzen. Banken dürfen die alte Regelung noch bis zum 31.12.2025 anwenden. Das bedeutet: Es ist nicht garantiert, dass bereits heute alle Institute die neuen Vorgaben nutzen.
Daher unser Rat: Fragen Sie bei Ihrer Bank gezielt nach, wie mit Verlusten bei vorhandener NV-Bescheinigung umgegangen wird. Nutzt die Bank die Übergangsregelung noch, kann eine freiwillige Einkommensteuererklärung notwendig werden, um Verluste geltend zu machen oder vorzutragen.