Nachversteuerung: Zinsen aus Privatdarlehen

Nachversteuerung: Zinsen aus Privatdarlehen

Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Dennoch kommt es häufig vor, dass Angehörige einander Darlehen gewähren – manchmal unverzinslich, meistens jedoch zu einem marktüblichen oder etwas günstigeren Zinssatz. Die vereinnahmten Zinsen sind steuerpflichtig und es kommt zu einer Nachversteuerung: Anders als Banken sind private Darlehensnehmer und Zinsschuldner nicht verpflichtet, von den laufenden Zinszahlungen für ein Privatdarlehen die 25-prozentige Abgeltungsteuer an der Quelle einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Wie erfolgt die Nachversteuerung?

Bezüglich der Nachversteuerung gilt folgende Regelung:

Pauschaler oder persönlicher Steuersatz

Der Darlehensgeber muss die vereinnahmten Zinsen in seiner Einkommensteuererklärung „nachversteuern“ und hierzu die entsprechenden Angaben in der „Anlage KAP“ machen. Die Zinsen sind entweder mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent oder mit dem persönlichen Steuersatz steuerpflichtig. Dies ist abhängig davon, wie der Darlehensnehmer das Darlehen verwendet:

  • Verwendet der Darlehensnehmer das Darlehen nicht für Zwecke der Einkunftserzielung und kann daher die Schuldzinsen auch nicht steuerlich geltend machen, unterliegen die Zinsen beim Darlehensgeber dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent. Sie werden im Rahmen der Steuerveranlagung nicht wie andere Einkünfte bei der Einkunftsermittlung erfasst, sondern gesondert von den übrigen Einkünften mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent belastet. Einzutragen sind die Zinsen in der „Anlage KAP“ in Zeile 18 (2021, 2022).
  • Verwendet der Darlehensnehmer das Darlehen zur Einkunftserzielung, wird das Finanzamt die Zinseinnahmen wie die anderen Einkünfte mit dem persönlichen Steuersatz belasten (§ 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG). In diesem Fall sind die Zinsen in der „Anlage KAP“ in Zeile 28 (2021, 2022) anzugeben. Allerdings gilt dies nur bei einer Darlehensgewährung an nahestehende Personen. Bei einer Gewährung an „nicht Nahestehende“ würde es bei der 25-prozentigen Abgeltungsteuer bleiben.

Die Nachversteuerung mit dem persönlichen Steuersatz kommt also in Betracht, wenn

  • Gläubiger und Schuldner der Zinsen einander nahestehende Personen sind und
  • der Darlehensnehmer die Schuldzinsen steuerlich absetzen kann, z.B. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung oder als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft.

Mit dieser Ausnahmeregelung will der Fiskus familiäre Steuervorteile verhindern: Damit nahestehende Personen die Steuersatzspreizung zwischen Abgeltungssatz von 25 Prozent und persönlichem Steuersatz von bis zu 45 Prozent nicht ausnutzen können, muss der Darlehensgeber die Zinseinnahmen mit dem persönlichen Steuersatz versteuern.

Beispiel:
Ein Gewerbetreibender, Freiberufler oder Vermieter nimmt bei seiner Ehefrau einen Kredit auf und setzt die Zinsen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ab. Dies führt zu einer Steuerentlastung von bis zu 45 Prozent. Hingegen würden die Zinseinnahmen bei der Ehefrau bei der Nachversteuerung der Abgeltungsteuer von nur 25 Prozent unterliegen. Zur Verhinderung dieser Gestaltung müssen die Zinseinnahmen der Ehefrau in die Veranlagung zum individuellen Steuersatz einbezogen werden, wenn diese als nahestehende Person gilt.

Aber was sind eigentlich nahestehende Personen?

Die Finanzverwaltung meinte zumindest früher, dass ein nahestehendes Verhältnis immer vorliegt, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 AO sind. Dazu zählen der Ehegatte oder Lebenspartner, Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Schwiegersohn und -tochter, Geschwister, Nichte, Neffe, Schwager, Schwägerin, Schwiegereltern, Stiefelternteil, Onkel, Tante, Pflegeeltern, Pflegekinder, Verlobte, geschiedener Ehegatte. Und ehrlicherweise muss gesagt werden, dass viele Finanzbeamte auch heute noch davon ausgehen, dass bei einem verwandtschaftlichen Verhältnis oder zwischen Ehegatten stets ein steuerliches Näheverhältnis vorliegt. Doch so einfach dürfen es sich die Finanzämter nicht machen.

Der Bundesfinanzhof räumt zwar ein, dass unter den Begriff der nahestehenden Personen auch Angehörige i.S. des § 15 AO fallen. Doch diese weite Auslegung widerspreche hier dem Willen des Gesetzgebers, den er in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht habe (BT-Drucksache 16/4841, S. 61). Deshalb sei nicht allein das Angehörigenverhältnis maßgebend, sondern ein Beherrschungs- oder Abhängigkeitsverhältnis. Das liege bei volljährigen Angehörigen nicht immer vor. Also kann der Darlehensgeber die Kapitalerträge mit dem günstigen Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent versteuern. Und zwar auch dann, wenn der Darlehensnehmer die gezahlten Schuldzinsen mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 Prozent als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzt (BFH-Urteile vom 29.4.2014, VIII R 44/13, VIII R 9/13, VIII R 35/13).

Und auch das Bundesfinanzministerium verfügt daher mittlerweile, dass es auf das Beherrschungsverhältnis ankommt (BMF-Schreiben vom 19.5.2022, BStBl 2022 I S. 742, Rz. 136). Von einem solchen Beherrschungsverhältnis sei auszugehen, wenn der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Das Abhängigkeitsverhältnis könne wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein.

Beispiel:
Frau Müller gewährt ihrem Ehegatten ein Darlehen zum Erwerb einer vermieteten Immobilie. Der darlehensnehmende Ehegatte ist ansonsten mittellos. Ein fremder Dritter hätte den Erwerb der Immobilie durch Herrn Müller nicht zu 100 Prozent finanziert. Herr Müller ist von seiner Ehefrau finanziell abhängig. Hinsichtlich der Finanzierung verbleibt ihm kein eigener Entscheidungsspielraum, so dass Frau Müller bei der Darlehensgewährung einen beherrschenden Einfluss auf ihren Ehegatten ausüben kann. Die Anwendung der Abgeltungsteuer auf die Kapitaleinkünfte ist daher bei der Nachversteuerung insoweit ausgeschlossen.

 

SteuerGo

Manchmal kommt es vor, dass Privatdarlehen ausfallen, weil der Schuldner in die Insolvenz gerutscht ist. Die Finanzverwaltung wollte solche Verluste aufgrund Forderungsausfalls lange Jahre nicht steuermindernd anerkennen, weil die Wertminderungen der privaten Vermögensebene und nicht der Ertragsebene zuzuordnen seien. Der Forderungsausfall gelte nicht als „Veräußerung“, und deshalb stellen die verlorenen Anschaffungskosten keine negativen Kapitaleinnahmen dar (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 60). Aber der Bundesfinanzhof hatte gegen den Fiskus entschieden, dass der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung aufgrund Insolvenz des Schuldners seit 2009 als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden kann (BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15; BFH-Urteil vom 17.11.2020, VIII R 20/18).

Der Gesetzgeber hat daraufhin reagiert: Aufgrund der vorteilhaften BFH-Rechtsprechung können Verluste durch Forderungsausfall in den Jahren 2009 bis 2019 in vollem Umfang als negative Einnahmen bei den Kapitaleinkünften verrechnet werden. Doch für Verluste, die ab dem 1.1.2020 entstehen, hat der Fiskus eine Begrenzung eingeführt: Solche Verluste können jetzt nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 EUR ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 EUR mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG).

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.